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Fränkischer Theatersommer

Theater vs. Fußball

Coviello vs. Fußball               Na, wer freut sich da nicht? Das Schlitzohr Müller hat zugeschlagen – und das gleich drei Mal! So ein Einstieg in die WM! Die Kehrseite: Jetzt liegt die Latte ganz weit oben, die Erwartungen sind immens gestiegen und wehe, wenn die nicht erfüllt werden! Schon bei einem weniger erfolgreichen Abschneiden gegen Ghana werden die Strategen unter den Zuschauern die Stirn runzeln und dem Yogi beckmesserische Ratschläge geben. Theaterleute sind mehrheitlich große Fans des Fußballspiels. Schauspielerinnen erlebe ich etwas zurückhaltender, aber die männliche Spezies erkundigt sich während einer Aufführung zu Zeiten einer Fußball-WM in der kleinsten Spielpause: „Na, wie steht´s?“ Das Fieber vor einer Premiere und das Fußballfieber bei einem WM-Turnier sind vergleichbar, denn beiden steckt es im Blut: die Leidenschaft für´s Spiel. Die Fankultur ist natürlich beim Fußball ausgeprägter, dafür werden wir von unseren Fans nicht gleich zerrissen, wenn mal was schief geht. Das Spiel auf der Bühne und das Spiel auf dem Rasen haben bei allen Wesensunterschieden weitere verblüffende Gemeinsamkeiten, sogar bis in die Begrifflichkeiten hinein, denn die „Mitspieler“ müssen auf der Bühne wie im Stadion auf den Punkt „fit“, „focussiert“,„konzentriert“ und in „bester körperlicher Verfassung“ sein und ein gutes „Zuspiel“ entzückt beide Zuschauergruppen. Überhaupt: die Sorge um die körperliche Verfassung ist hier wie dort extrem, führt zu Spekulationen und Hysterien und so mancher Schauspieler fragt sich: Warum haben wir keinen Müller-Wohlfahrt, der unseren Bandapparat wieder genau so schnell in Ordnung bringt? Die Antwort ist einfach: wir sind nicht so wichtig wie unsere „Jungs“ und das Mitleiden für einen Marco Reuss ist darum viel intensiver als für eine Diva, deren Stimmbänder angeknackst sind. Ich gestehe, dass mir dennoch der Applaus in einem Theater besser gefällt als der ohrenbetäubende Lärm von den Fußballrängen, obgleich der etwas mehr Ekstase und Gefühlsarchaik in sich trägt, was einen Künstler vor Neid erblassen lassen sollte. Es gibt weitere Neidpunkte: Die Fußballbegeisterung auf der Welt verbindet die Menschen der unterschiedlichsten Nationen doch mehr als die schönsten Shakespeare-Inszenierungen, zumindest für den Augenblick. Vielleicht ist die Theaterkunst dafür nachhaltiger? Doch selbst diese Hoffnung könnte trügen, denkt man an das Siegestor von Rahn bei der WM von 1954. Als Regisseur beobachtet man vor allem die Trainer. Schafft es ein Löw, den „Spannungsbogen“ durch ein ganzes Turnier zu halten? Da kommen schon meine ersten Zweifel: Der redliche Schwabe ist sicherlich gut für Siege in der Vorrunde. Für Portugal waren wir ein Angstgegner und bleiben es mit Erfolg. Ghana hat sicherlich auch zuviel Respekt vor Deutschland. Doch wie spielt Deutschland gegen die USA? Da reibe ich mir die Hände, denn dabei geht es vor allem um die Frage: Wer ist der bessere Psychologe – Klinsmann oder Löw? Löw ist inzwischen erfahrungsgestählt, aber hat er die Sieger-Mentalität eines Klinsmann? Mein Tipp: Kein Sieg, eher ein Unentschieden. Trotzdem kommen wir weiter. Es warten weitere Hürden auf uns, wobei wir mehrere Trumpfkarten besitzen: Offiziell haben wir nur einen Stürmer, aber wir haben etliche „Mittelfeldspieler“ mit Stürmerqualitäten und laut Gauck stimmt jetzt sogar unsere Abwehr. Womöglich war es das, was ihn zu seinen wehrhaften markigen Worten der letzten Tage beflügelt hat. Wahrscheinlich stoßen wir im Halbfinale mal wieder auf Italien. Haben wir bis dahin durchgehalten und spielen die Fußballer-Nerven nicht etwa verrückt, dann haben wir diesmal sogar Chancen gegen unseren Angstgegner, wenn nicht zuvor der „Gruppenschreck“ Costa Rica den Azzurri den Garaus macht. Bleiben also noch Holland oder Brasilien, denn sämtlichen anderen Gegnern wird die deutsche Mannschaft Paroli bieten können, so dass wir im Finale Brasilien gegenüberstehen werden – falls Robben mit seinen unwiderstehlichen Dribblings nicht dazwischen funkt. Wenn das brasilianische Volk seinen berechtigten Zorn gegenüber dem korrupten Fußball-Umfeld dennoch in Begeisterung und Zuversicht für die eigene Fußball-Mannschaft umzumünzen versteht, ist Brasilien klarer Favorit auf den Sieg. Doch soweit wird es nicht kommen, denn Beckenbauer hat sich beim Endspiel auf irgendwelchen Schleichwegen unter die Zuschauer gemischt. Seine Anwesenheit wird Yogi helfen, den „Spannungsbogen“ zu halten. Damit er unter der Last des Titel-Zwangs nicht etwa doch noch einknickt, schließe ich mit einem fröhlichen Theaterzuruf: „Gut gebrüllt, Löw ! Jan Burdinski

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